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Sarah

Ohne Wein und ohne Weiber, hol der Teufel unsre Leiber

Wer sonst, außer Goethe könnte eine derart sinnige Sentenz von sich gegeben haben… Allerdings gibt die Geschichte ihm recht, denn immerhin wissen wir, dass Wein als Kulturgut bereits gut 7000 Jahre alt sein dürfte. Erst vor wenigen Tagen wurde im Irak eine 2700 Jahre alte Großanlage zur Weinherstellung gefunden; Wein gab es also quasi schon immer.


In Ägypten wachsen Weintrauben aufgrund des Klimas nicht unbegrenzt, die Weinproduktion dürfte sich also vor allem auf das Nildelta beschränkt haben. Schon aus Gräbern der 5. Dynastie kennen wir diverse Herkunftsbezeichnungen von Wein, es gibt etwa "Wein aus Pelusium" und "Wein aus Buto". So wie heute scheinen also Herkunftsbezeichnungen Qualitätsmerkmale gewesen zu sein. Wer es exotischer mochte, der konnte ab dem Neuen Reich auch importierten Wein aus Syrien genießen.

Der Herstellungsprozess dürfte sich in seiner Essenz von dem heutigen kaum unterscheiden. Aus einigen Darstellungen kennen wir das Pressen der Trauben mit den Füßen in einem Bottich, manchmal sogar mit musikalischer Begleitung. Später wurde der Saft durch ein Tuch abgeseiht und zur Fermentation stehengelassen. Die griechischen Geschichtsschreiber berichteten, dass ägyptischer Wein sehr süß und schmackhaft gewesen sein soll.


Wein wurde alleine wohl keine medizinische Wirkung zugesprochen, jedoch wurde er von den Ägyptern auf die gleiche Weise verwendet wie noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts n. Chr. in Deutschland: Flüssige Arzneimittel wurden in vielen Fällen auf Basis von Wein hergestellt (das Deutsche Arzneibuch von 1900 bevorzugte „Xereswein“, also Sherry). Viele Rezepturen mit Wein findet man bei den Ägyptern im Bereich der Magen- und Darmkrankheiten, es gibt aber auch äußerliche Arzneimittel, die auf Basis von Wein zum Einreiben der Beine bei Schwellungen gedacht waren. Der Gedanke an Franzbranntwein drängt sich geradezu auf…


Wir wissen zwar nichts über den tatsächlichen Alkoholgehalt des ägyptischen Weins, aber offenbar war er ausreichend hoch, um alkohol-spezifische Vergiftungserscheinungen hervorzurufen. Weinkonsum bei Banketten oder religiösen Festen scheint einigermaßen regelmäßig ausgeartet zu sein, da es aus zahlreichen Gräbern Abbildungen gibt, in denen Gäste es sich offenbar haben zu gut gehen lassen...


Bankett-Szene aus dem Grab des Neferhotep, TT49, Theben-West

um 1300 v. Chr.

aus: Davies, 1933 (s. unten)



So warnt denn auch der Schreiber Ani in seiner Lehre vor übermäßigem Alkoholgenuss:

"Trinke kein Bier, sonst redest du schlecht und weißt nicht, was du sagst. Wenn du fällst und dich verletzt, hält dir niemand die Hand hin. Deine Trinkkameraden stehen auf und sagen: "Raus mit dem Betrunkenen!" Wenn man kommt, um dich zu suchen und mit dir zu reden, findet man dich auf dem Boden liegend, als wärst du ein kleines Kind."

Wein war also nicht das einzige alkoholische Getränk der Alten Ägypter. Das Bierbrauen hat eine ähnlich lange Tradition, stellte es doch im Alten Ägypten zusammen mit Brot gewissermaßen ein Grundnahrungsmittel dar. Gewonnen wurde es im Zuge der Brotherstellung und diente sicherlich dazu, ein hygienischeres Getränk zu erhalten, als es Nilwasser gewesen wäre.


Im Zuge der Feierlichkeiten um das Bayerische Reinheitsgebot führte das Staatliche Museum Ägyptischer Kunst (SMAEK) in München 2016 ein experimental-archäologisches Bierbrauen nach ägyptischem Vorbild durch. Man erhielt schließlich ein Getränk mit einem Alkoholgehalt von etwas über 1%; wie aus Teilnehmerkreisen zu vernehmen war, war es jedoch ein geschmacklich fragwürdiges Erlebnis. Gegen „a guads Weizen“ kommt halt wenig an…


Wer sich das Münchner Projekt anschauen mag, wird bei YouTube fündig: https://youtu.be/LHOyxfJP1pE



Literatur

- W.J. Darby, P. Ghalioungui, L. Grivetti, Food: The Gift of Osiris, Vol.2, London 1976.

- N. de Garis Davies, The Tomb of Nefer-Hotep at Thebes, Vol.I, New York 1933, pl.XVIII.


Titelbild

Mit Weinreben verzierte Decke des Grabes von Sennefer, Bürgermeister von Theben, TT96, aus: Sen-nefer. Die Grabkammer des Bürgermeisters von Theben. Ausstellung im Römisch-Germanischen Museum Köln, 1986.

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1 Comment


jordanpooleoolll
May 09, 2023

Es ist eine sehr interessante Studie. Wein hat eine tausendjährige Geschichte. Ich frage mich, ob sich die Zusammensetzung und die Methode der Weinherstellung wesentlich verändert haben. Es gibt mittlerweile eine große Auswahl an alkoholfreien Sekten auf dem Markt: https://www.alkoholfrei-vom-winzer.de/blogs/news/besten-alkoholfreier-sekt . Zu den bekanntesten Marken gehören beispielsweise Rotkäppchen, Jules Mumm, Carl Jung und Mionetto. Es ist jedoch schwer zu sagen, welcher der beste alkoholfreie Sekt ist, da dies sehr subjektiv ist und von den individuellen Geschmackspräferenzen abhängt. Es empfiehlt sich, verschiedene Marken und Sorten auszuprobieren, um den persönlichen Favoriten zu finden. Einige alkoholfreie Sekte eignen sich gut als Aperitif oder zum Anstoßen, während andere besser zu bestimmten Gerichten oder Desserts passen.


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