top of page
egyptsendlesselega

Legt euch in die Riemen

Sei gegrüßt, Nil,
hervorgegangen aus der Erde,
gekommen, um Ägypten am Leben zu erhalten!

Nilhymnus des Dichters Cheti, Übersetzung Assmann 1999, S. 540.


Modellboot. 12. Dynastie, Mittleres Reich. © British Museum London. Inv.-Nr. EA35204.


Wie der Ausschnitt des Nilhymnus schon anklingen lässt, galt der Nil die Lebensader des Landes Ägypten. Der Fluss, der sich über das gesamte Land erschreckt, war wichtig für die Landwirtschaft, den Handel und die Reisen. Schiffe spielten eine große Rolle im täglichen Leben der Ägypter. Sie hatten nicht nur einen praktischen Zweck, sondern waren auch ein fester Bestandteil in den religiösen Vorstellungen. Die Ägypter glaubten, dass die Sonne in einer Barke (einem kleinen Boot ohne Mast) über den Tag- und Nachthimmel fuhr.

Im Mittleren Reich können zwei Hauptarten von Booten unterschieden werden. Zum einen gab es Papyrusboote, die von den einfachen Menschen benutzt wurden und zum anderen Zeremonialboote. Die Barke fuhr über den Nil zum "schönen Westen", zur Nekropole. Einerseits war dies ein pragmatischer Transport zu den meist am westlichen Wüstenrand gelegenen Friedhöfen und zum anderen die symbolische Reise aus der Welt der Lebenden in die Welt der Unsterblichkeit.


Modellboote


Modelle von Booten und Schiffen existieren im gesamten Mittelmeerraum. Die Ägyptischen jedoch, gehören zu den vielleicht am besten erhaltenen. Die archäologischen Funden können Informationen über die Technologien und die soziologische und wirtschaftliche Bedeutung der Schifffahrt geben.

Solche Modelle kamen bereits im Alten Reich (ca. 2700-2200 v. Chr.) vor. Besonders beliebt waren sei jedoch im Mittleren Reich (ca. 2137-1781 v. Chr.). Auch wenn Bootsmodelle nicht mehr zur Hauptausstattung eines Grabes im Neuen Reich gehörten, besaßen sie dennoch eine große Bedeutung. Die Modelle im Grab des Tutanchamun datieren teilweise bis in die 6. Dynastie zurück.

Modellboot des Tutanchamun. 18. Dynastie, Neues Reich.

© Ägyptisches Museum Kairo. Inv.-Nr. JE61239.


Kleiner Fakt zu den Modellen


An den Booten lässt sich erkennen, in welche Richtung sie auf dem Nil gewesen wären. Im Mittleren Reich gab man dem Verstorbenen ein Boot zum Flussaufwärts- und eines zum Flussabwärtsfahren mit. War das Segel eingezogen und der Mast umgeklappt, trieb das Boot mit der Strömung. In diese Richtung wurde gerudert.

Jetzt fragt sich der/die ein oder andere, wie man denn flussaufwärts segeln konnte? Von Norden her wehte ab Mitte Februar bis Mitte Dezember ein zum Teil kräftiger Wind. Daher war ein Schiffsverkehr in beiden Reichtungen möglich.

Zeichnung Grab des Antefoker. 12. Dynastie, Mittleres Reich.

In: Davies, N. de G.: The tomb of Antefoker. London 1920, Pl.18.


Die altägyptische Sprache unterscheidet in ihren Begriffen "stromab fahren" und "stromauf fahren". Die Wörter besitzen unterschiedliche Determinative (Deutzeichen).


xntj "stromauf fahren"


xdj "stromab fahren"


Auch wenn das Reisen nach Norden oder Süden zu Fuß und an Land gemeint war, wurden diese Wörter verwendet.


Verschiedene Bootstypen

Modellboot. 11. oder 12. Dynastie, Mittleres Reich.

© British Museum London. Inv.-Nr. EA45089.


Für den alltäglichen Gebrauch, wurden einfache Papyrusboote wie dieses verwendet. Sie waren für den Transport von Menschen und kleinen Lasten über kurze Strecken und die Flussüberquerung gebraucht. Diese Boote bestanden aus getrockneten Pflanzenbündeln, die zusammengebunden waren. Das gab dem Boot ein geringes Gewicht, sodass es schwamm. Die Papyrus- oder Schilfboote sind in Darstellungen seltsamerweise immer in grüner Farbe abgebildet. Frisches Pflanzenmaterial ist jedoch schwerer und hat eine geringere Tragfähigkeit als getrocknetes Material.

Modellbarke. 12. Dynastie, Mittleres Reich.

© British Museum London. Inv.-Nr. EA9525.


Dieses Barke zeigt den Transport eines Verstorbenen, wie zuvor erwähnt.

Modellboot des Meketre. 12. Dynastie, Mittleres Reich.

© Metropolitan Museum of Art. Inv.-Nr. 20.3.1.


Für längere Reisestrecken war diese Art Boot die richtige Wahl. Für die Reisenden stand eine Kajüte zur Verfügung, die sie ein wenig vor Wind und Wetter schützen sollte.


Kleiner Exkurs zur Schifffahrt


Weiter im Süden Ägyptens bestand für die altägyptisches Schifffahrt ein Hindernis, Katarakte. Dabei handelt es sich um gefährliche Stromschnellen, die eine durchgängie Fahrt auf dem Nil unmöglich machten. Handelswaren und Rohstoffe wie Gold, Kupfer, Hartgestein und Holz aus Nubien (dem heutigen Sudan), mussten jeweils ausgeladen und hinter den Stromschnellen wieder eingeladen werden.

Archäologisch belegt ist das Anlegen einer Transportstraße für die Schiffe unter Sesostris III. (Mittleres Reich). Diese diente zur Umgehung der Stromschnellen an dieser Stelle.


Zeichnung des erhaltenden Teils der Gleitbahn von Mirgissa.

In: Vogel, Carola: Nilschifffahrt im Bereich des 2. Katarakts. In: SAK 26. 1998, S. 265.


Die Bahn bestand aus zwei seitlich aufgeschütteten Böschungen und quer verlegten Holzbohlen. Darauf befand sich eine Schlammschicht. Durch diese Konstruktion konnten auch größere Schiffe talaufwärts gezogen werden.

Und wieder lässt sich der Erfindungsreichtum der alten Ägypter erkennen.


Zum Nachlesen

  • Jones, Dilwyn: Model boats from the tomb of Tutankhamun. Oxford 1990.

  • Müller-Römer, Frank: Transporte auf dem Nil mit Booten und Schiffen im Alten Ägypten. Kemet 2011.

  • Reisner, George Andrew: Models of ships and boats. Kairo 1913.

  • Tooley, Angela: Egyptian models and scenes. Shire 1995.

  • Vassilika, Eleni: Masterpieces of the Museo Egizio in Turin. Turin 2011, S. 31.

  • Wildung, Dietrich/Reiter, Fabian/Zorn, Olivia: Ägyptisches Museum und Papyrussammlung Berlin. 100 Meisterwerke. Berlin 2010, S. 154-155.

  • Winlock, H. E.: Models of daily life in ancient Egypt. From the tomb of Meketre at Thebes. Cambridge 1955.





13 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comments


bottom of page