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Eine besondere Begegnung

In meinem Blog-Eintrag heute geht es zur Abwechslung nicht um ein klassisches Objekt im Museum, sondern um ein Thema, das mir am Herzen liegt.


Sollen, dürfen, können menschliche Überreste ausgestellt werden?

Das ist definitiv keine einfache Frage. Während meines Besuchs der Tagung im Kloster Banz (hinter Bamberg) vorletztes Wochenende mit dem Titel „Mumien und andere menschliche Überreste: Ethische Herausforderungen für Forschung und Ausstellung“, wurde diese Frage unter der Berücksichtigung verschiedener Fachdisziplinen diskutiert. Das Thema ist natürlich zu komplex und vielschichtig, sodass ich es hier nur anreißen kann. Ich möchte aber die Chance nutzen, euch an meinen Erkenntnissen und Gedanken teilhaben zu lassen.

Das Thema war mir nicht neu. In meiner Bachelorarbeit habe ich mich bereits mit dem Umgang von menschlichen Überresten beschäftigt. Genauer gesagt mit ägyptischen Mumien, denn die schienen der Diskussion etwas zu kurz gekommen zu sein. Glücklicherweise begann sich dies in den letzten paar Jahren zu ändern. Das hat sich auch während der Tagung gezeigt, die auch die ägyptischen Mumien mitaufgegriffen hat. Prof. Salima Ikram, die einige vielleicht aus zahlreichen Dokumentationen über das Alte Ägypten kennen, sprach zum Beispiel über das Thema.


Tagungsort Kloster Banz. Eigene Aufnahme. 02. Oktober 2021.


In den Medien lesen und hören wir häufiger von Repatriierung (Rückführung ins Ursprungsland bzw. zur Ursprungsgesellschaft) und Reburial von menschlichen Überresten, hauptsächlich an die Herkunftsgesellschaften in Amerika, Afrika, Australien oder Neuseeland. Diese stehen meist im Zusammenhang mit unserer kolonialen Vergangenheit und der Europas. Deutschland hatte auch Kolonien, auch wenn man zunächst eher an die ehemaligen Kolonialmächte wie Großbritannien oder Spanien denken würde. Ich selbst bin keine Expertin, was koloniale Kontexte im Museum und die Rückgabeforderungen mit der Kolonisation zusammenhängenden Objekten angeht. Eine liebe Kommilitonin kennt sich mit dieser Thematik deutlich besser aus, da sie sich durch den Studiengang SPKE (Sammlungen Provenienz Kulturelles Erbe) und sowohl in ihrer Bachelor- als auch momentan in ihrer Masterarbeit damit beschäftigt. Wenn ihr also mehr erfahren wollt, lohnt es sich auf jeden Fall auf ihrer Instagram-Seite (@museology_marlene) und auch bei ihrem Blog (www.museologymarlene.wordpress.com) vorbeizuschauen.

Nur so viel zu den kolonialen Kontexten. Vielen oder gar alles ist unter heutigen Gesichtspunkten rechtens abgelaufen. Hier finden wir den Begriff des Unrechtskontextes. Wobei dieser auch so seine Schwierigkeiten mit sich bringt. Aus welcher Perspektive betrachten wir ihn? War das, was vor allem im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts geschehen ist aus damaliger Sicht „in Ordnung“ oder nicht? In der Ägyptologie begegnet uns der Begriff der sogenannte „Fundteilung“, die nach Ausgrabungskampagnen stattfand. Manche kennen vielleicht die Geschichte, in der der Ägyptologe Ludwig Borchardt für das Ägyptische Museum in Berlin ausgrub und während der Fundteilung die berühmte Büste der Nofretete versteckte bzw. als unbedeutendes Objekt abtat. Bis heute gibt es regelmäßige Rückgabeforderungen.


Zeremonie zur Übergabe menschlicher Überreste an eine Delegation des Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa im Übersee-Museum Bremen: Foto: Volker Beinhorn, Übersee-Museum Bremen.


Aber zurück zu den menschlichen Überresten in den Museen:

Menschliche Überreste und auch ägyptische Mumien, sind in den letzten Jahren in der Diskussion immer mehr in den Fokus getreten. Museen reflektieren ihre eigenen Sammlungen mehr und mehr und das sollen sie auch unbedingt. Das Museum für Ägyptische Kunst in München hat sich dazu entschlossen, keine menschlichen Überreste zu zeigen. Es informiert die Besucher*innen offen darüber, warum es diese Entscheidung getroffen hat. Das Roemer- und Pelizaeus Museum in Hildesheim zeigt nur menschlichen Überreste der Kulturen, die der Präsentation ihrer Verstorbenen mit Sicherheit zugestimmt hätten oder wovon ausgegangen werden kann. Hier sind zum Beispiel Kulturen aus Südamerika zu nennen. Menschliche Überreste der indigenen Bevölkerungen aus Australien und Neuseeland hingegen, zeigen ihre Verstorbenen nicht und das muss unbedingt respektiert werden. Im Museum in Hildesheim sind die Verstorbenen zudem in den Kontext weiterer Objekte gestellt worden. Die Räume sind szenografisch (gestalterisch) den Ursprungsländern nachempfunden.


Ein kleines Fazit

Begegnen mir in einer Ausstellung ägyptische Mumien bin ich nicht abgeschreckt. In meinem Studiengang wäre dies vermutlich auch eher ungünstig. Bei mir schwingt aber immer ein Gefühl des Mitleids mit, denn ich stehe vor einem Menschen, der nicht mehr in dem ursprünglich vorgesehen Grab liegt. Da ich weiß, dass in der altägyptischen Kultur der Name eines Menschen einen sehr hohen Stellenwert hatte- den Namen zu vergessen, bedeutete die Person zu vergessen- spreche ich den Namen aus. Vorausgesetzt der Name ist bekannt. Das mag etwas sonderbar sein, aber die meisten Besucher*innen sind sich einig, dass man Verstorbenen mit Respekt begegnet.

Für mich steht fest, dass das Zeigen menschlicher Überreste einen erkennbaren Zweck in der Ausstellung/im Museum haben muss. Es sollte auch ein Fokuswechsel stattfinden. Zeigt den Menschen, wie er gelebt hat, seine mögliche Geschichte. Wichtig finde ich außerdem, dass die Besucher*innen nicht plötzlich über menschliche Überreste stolpern. Es muss jedem freigestellt werden, ob er/sie diesen Verstorbenen begegnen möchte oder nicht.


In einem zweiten Teil werde ich noch genauer auf das Thema "Ausstellen von ägyptischen Mumien" und die Hintergründe eingehen, so stay tuned!


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